Erstinformationen zu Hashimoto Thyreoiditis

Weitere Bezeichnungen: Autoimmunthyreoiditis, HT, Hashi, chronisch lymphozytäre Thyreoiditis, Immunthyreoiditis.

Erstinformationen zur Erkrankung

Zusammengestellt von der Dortmunder Selbsthilfegruppe für Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse

 

Was ist das für eine Erkrankung?

 

Den ungewöhnlichen Namen trägt die Erkrankung seit 1912 aufgrund ihres japanischen Entdeckers Dr. Hakaru Hashimoto. Etwa 6-10 Prozent der Bevölkerung sind davon betroffen, wobei Frauen etwa zehn mal häufiger erkranken als Männer.

Die Hashimoto Thyreoiditis ist eine Autoimmunerkrankung. Das bedeutet: Der Körper sieht die Schilddrüse (SD) als Fremdkörper an und zerstört das Schilddrüsengewebe. Es gibt die hypertrophe Form (vergrößerte SD) und die atrophe Form (verkleinerte SD). Im Anfangsstadium der Erkrankung kommt es häufig durch eine massive Zersetzung von SD-Gewebe und Freisetzung der darin enthaltenen Hormone zu einer kurzfristigen Überfunktion. Im weiteren Verlauf nimmt das funktionstüchtige SD-Gewebe durch den Angriff des Immunsystems immer weiter ab, so dass langfristig eine Unterfunktion (Hypothyreose) entsteht.

Typische Unterfunktionsbeschwerden: Müdigkeit, Leistungs- und Konzentrationsschwäche, Gewichtszunahme, Kälteempfindlichkeit, depressive Gemütsverfassung, Antriebslosigkeit, Haarausfall, Gelenk- und Muskelbeschwerden, Infektanfälligkeit, Schlafstörungen, Unwirklichkeitsgefühl, Angst- und Panikattacken, etc. Diese und andere Beschwerden können einzeln oder gemeinsam, müssen aber nicht auftreten.

Leider wird die Erkrankung HT von der Medizin meist auf die Symptome der SD-Unterfunktion reduziert. Die Autoimmunerkrankung selbst spüren die Patienten u.a. durch Gelenk- und Muskelschmerzen, neurologische Symptome, Verspannungen (vor allem im Nacken), Schwächegefühl und schnelle Ermüdbarkeit, Augenbeschwerden, Schwellung der Lymphknoten und diffuse Schwellungen an den Extremitäten. Diese Immunsymptome können schubweise oder aber auch ständig auftreten. Eine Behandlung kann leider nur symptomatisch erfolgen. Selen soll den Autoimmunprozess positiv beeinflussen und damit zu einer Abschwächung der Symptome beitragen können.

Wie erfolgt die Diagnose?

  • Sonografie (Ultraschall der Schilddrüse): echoarmes und/oder inhomogenes Bild (werden Knoten gefunden, sollte eine Szintigraphie zur weiteren Abklärung stattfinden)
  • Blutuntersuchung:
    • Antikörper: TPO-AK (= MAK), TG-AK (= TAK), TSH-AK (= TRAK und = TSH-R-AK)
    • TSH: übergeordnetes Hormon, welches die Hormonproduk- tion der SD regelt
    • FT3: freies SD-Hormon, stoffwechselaktives SD-Hormon, Umwandlungsprodukt des FT4
    • FT4: freies SD-Hormon, "Speicherform" des FT3

Bei einer Unterfunktion sind im Normalfall TSH erhöht, FT3 und/oder FT4 erniedrigt. Häufig besteht die Unterfunktion aber schon bei "normalen" Werten.

Wie wird therapiert?

Die Hashimoto Thyreoiditis kann nicht geheilt werden. Es können nur die entstandene Unterfunktion und die daraus resultierenden Beschwerden durch Gabe von SD-Hormonen ausgeglichen werden. Bei etwa 80 Prozent der an Hashimoto-Thyreoiditis-Erkrankten erfolgt die erste Einstellung mit Schilddrüsenhormonen weitestgehend problemlos und die Unterfunktions-Beschwerden bilden sich zurück, bis die Hormondosis aufgrund der Gewebezerstörung neu angepasst werden muss.

Die Hormonlage wird durch Bestimmung von TSH, FT3 und FT4 kontrolliert. Während der Einstellungsphase oder nach Dosisänderungen sollten die Hormonwerte alle 6-8 Wochen, ansonsten in längeren Zeitabständen kontrolliert werden.

Unterstützend wird die Einnahme von Selen und Zink empfohlen. Selen hat bei einem Teil der Betroffenen nachgewiesenermaßen einen günstigen Einfluss auf den Krankheitsverlauf und das Befinden. Auch auf die ausreichende Versorgung mit B-Vitaminen, Eisen (Ferritin-Werte kontrollieren) und Magnesium ist zu achten.

Vorsicht ist geboten bei zuviel Iod in der Nahrung, in Medikamenten, Nahrungsergänzungsmitteln und bei Behandlung mit iodhaltigen Kontrastmitteln. Kombinationspräparate, die Iod und Schilddrüsenhormone enthalten sind nicht sinnvoll. Iod verstärkt den Autoimmunprozess! (Ausnahme: Schwangerschaft. Hier empfiehlt sich die Bestimmung des Iodstatus vor und während der Schwangerschaft.) Die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln sollte mit dem behandelnden Arzt abgesprochen werden.

Eine Operation mit Entfernung der SD erfolgt nur in Ausnahmefällen: bei Knoten, einer sehr starken Vergrößerung der Schilddrüse oder bleibenden massiven Problemen bei der Einstellung mit Hormonen wie z.B. stetigem Wechsel von Über- und Unterfunktion.

Eine Alternative zu der üblichen Therapie mit T4-Präparaten (Levothyroxin) stellen Kombinationspräparate mit T4 und T3, sowie natürliches Schilddrüsenextrakt dar.

Gibt es Begleiterkrankungen?

Oft treten Autoimmunkrankheiten vergesellschaftet auf (in ca. 25 Prozent der Fälle). Mögliche andere Autoimmunerkrankungen (Liste nicht vollständig):

  • Perniziöse Anämie (Blutarmut durch Vitamin-B-12-Mangel)
  • Atrophische Gastritis (Chronische Magenschleimhautentzündung)
  • Chronische Hepatitis (Chronische Leberzellenentzündung)
  • Vitiligo (Weißfleckenkrankheit)
  • Diabetes mellitus Typ l (Zuckerkrankheit)
  • Sjögren- Syndrom (Trockenheit der Schleimhäute)
  • Rheumatische Beschwerden ohne Nachweis der spezifischen Rheumafaktoren
  • Zöliakie/Sprue (Glutenunverträglichkeit)

Bei Frauen mit Hashimoto Thyreoiditis liegt überdurchschnittlich häufig eine Störung der Sexualhormone vor.

Gehen die oben beschriebenen Symptome der Unterfunktion trotz guter hormoneller Einstellung nicht zurück, sollte eine weitere Abklärung erfolgen und auch an zusätzliche Autoimmunerkrankungen gedacht werden.

Was ist eine gute hormonelle Einstellung?

Von einer guten Einstellung mit Schilddrüsenhormonen spricht man, wenn die Schilddrüsenwerte (TSH, FT4 und FT3) innerhalb des Normbereiches liegen und die körperliche Symptomatik der Unterfunktion zurückgeht. Der TRH-Test bietet ebenfalls Aufschluss darüber, ob noch eine Unterfunktion vorliegt. Die Einstellung mit Schilddrüsenhormonen kann mehrere Monate dauern. Dabei ist der individuelle Wohlfühlbereich zu berücksichtigen. Beim TSH zeigen Erfahrungswerte Betroffener, dass dieser im günstigsten Fall bei 0,5-1,5 mU/L liegt. Die TSH-Werte von 95 Prozent der gesunden Bevölkerung liegen zwischen 0,3 bis 2,5 mU/L. Erfahrungsberichte aus Selbsthilfegruppen zeigen auch, dass eine Wohlfühldosis mit einem erniedrigten TSH einhergehen kann und der TSH-Wert dann nicht mehr als verlässlicher Parameter zur hormonellen Einstellung herangezogen werden kann. Hier scheiden sich in der Medizin die Geister, ob ein erniedrigtes TSH zulässig ist, solange keine Überfunktionssymptome bestehen, oder ob das TSH immer zwingend im Normbereich liegen muss.

Ein umsichtiger Arzt geht bei der Therapie nicht ausschließlich von den Laborwerten aus, sondern berücksichtigt auch das Befinden des Patienten!

Tipps aus der Praxis

  • Schilddrüsenhormone alleine, ohne andere Medikamente, 20-30 Minuten vor dem Frühstück nur mit Wasser einnehmen, da die Aufnahme sonst vermindert ist. Insbesondere Kalzium und Eisen stören die Verwertung.
  • Vor Blutentnahmen zur Kontrolle der Schilddrüsen-Werte keine SD-Hormone einnehmen, da der FT4-Wert dadurch falsch erhöht ausfallen kann. Blutentnahme ist morgens zu empfehlen.
  • Bei den Blutwerten darauf achten, dass möglichst die "freien" Werte (FT3, FT4) bestimmt werden und nicht die "Gesamt"-Werte (GT 3 u. GT 4 bzw. T3 u. T4). Die freien Werte spiegeln die Hormonversorgung zuverlässiger wider! (Die Gesamt-Hormone (GT3 und GT4)liegen zu über 99 Prozent an Plasmaproteine gebunden vor - also in der Speicherform, in der sie nicht biologisch aktiv sind. Der Anteil an Plasmaproteinen kann durch verschiedene Faktoren, wie z.B. weitere Erkrankungen, Östrogenspiegel und Medikamenteneinnahme, beeinflusst werden, wobei sich in Folge dessen der Anteil an freien Hormonen ändert. Nur die ungebundenen Hormone (FT3 und FT4) sind unmittelbar stoffwechselaktiv.)
  • Kopien von Befunden geben lassen, bei Blutwerten auch darauf achten, dass die Referenz- bzw. Normwerte angegeben sind. Mit den Kopien eine persönliche Krankenakte anlegen. So hat man als Patient einen besseren Überblick und bei einem Arztwechsel alle Befunde beisammen. Ärzte sind verpflichtet Daten und Befunde auszuhändigen.
  • Stress meiden! Stress und seelische Belastungen können den Verlauf von Autoimmunerkrankungen negativ beeinflussen. Das Erlernen von Entspannungstechniken ist zu empfehlen.
  • Bei Einnahme der Antibabypille oder anderen Medikamenten mit weiblichen Hormonen und in der Schwangerschaft kann es zu einem höheren Bedarf an Schilddrüsen-Hormonen kommen. Der Mehrbedarf liegt durchschnittlich um 25µg Levothyroxin (T4).

Quellen und weiterführende Informationen

Brakebusch, Leveke; Heufelder, Armin (2010): Leben mit Hashimoto-Thyreoiditis. Ein Ratgeber. 4. Aufl. München [i.e.] Germering: Zuckschwerdt.
Rang, H. P.; Dale, M. M.; Ritter, J. M.; Flower, R. J. (2007): Pharmacology. 6. Aufl. New York: Churchill Livingstone.
Fink, Heike; Hintze, Gerhard (2010): Die Autoimmunthyreoiditis (Hashimoto-Thyreoiditis): aktuelle Diagnostik und Therapie. In: Med Klin 105 (7), S. 485–493.
Lahner, H.; Quadbeck, B.; Janssen, O. E.; Mann, K. (2004): Diagnosis and treatment of autoimmune thyroiditis. In: MMW Fortschr Med 146 (6), S. 28–30.
Mann, K.; Janssen, O. E. (2006): Subclinical hypothyroidism--what level of TSH is an indication for substitution? In: MMW Fortschr Med 148 (9), S. 26–29.
Schumm-Draeger, Petra-Maria (2005): Autoimmune thyroiditis. Substitution therapy is advisable in subclinical forms, too. In: MMW Fortschr Med 147 (35-36), S. 46.
Schumm-Draeger, P-M; Muller, O-A (2004): Hypothyroidism--diagnosis. In: Dtsch Med Wochenschr 129 (28-29), S. 1570–1573.

Informative Internetseiten

Buchtipps

  • Leben mit Hashimoto Thyreoiditis, von Dr. Leveke Brakebusch und Prof. Dr. Armin Heufelder, W. Zuckschwerdt Verlag
  • Die gesunde Schilddrüse, von Mary Shomon, Goldmann Verlag

Die vorliegenden Informationen sind von Laien verfasst worden und beruhen auf Inhalten medizinischer Fachpublikationen sowie auf persönlichen Erfahrungen mit dieser Erkrankung. Die Inhalte sind nicht dafür gedacht die Konsultation einer qualifizierten, medizinischen Fachkraft zu ersetzen, sondern dienen reinen Informationszwecken. Für Diagnose und Behandlung muss in jedem Fall ein Arzt aufgesucht werden!

Stand der Information: Juli 2012

Das PDF wird zur Zeit überarbeitet und steht demnächst wieder zur Verfügung!